Donnerstag, 12. Januar 2012

Mutig und vernünftig: Wulff-Empfang ohne den Journalistenverband

Neujahrsempfang bei Bundespräsdient Wulff (Foto: REUTERS)
Kanzlerin fordert ihren Präsidenten indirekt auf: ab in die Scheinwelt(...).Was,wie,wo,Verantwortung,das sollen die a...

Wulff-Empfang ohne den Journalistenverband

Jeder seiner öffentlichen Auftritte wird seit der Medien- und Kreditaffäre besonders beobachtet. So geriet auch der ansonsten für die Medien eher unspektakuläre Neujahrsempfang von Bundespräsident Christian Wulff unter besondere Beobachtung.
Unter den Gästen war auch Kanzlerin Angela Merkel - das erste Aufeinandertreffen des angeschlagenen Staatsoberhaupts mit der Regierungschefin. Merkel begrüßte Wulff mit Handschlag und wechselte einige Worte mit ihm. Auch die übrigen Regierungsmitglieder wie Außenminister Guido Westerwelle, Finanzminister Wolfgang Schäuble oder Vizekanzler Philipp Rösler bemühten sich um Harmonie und eine gelöste Stimmung.


Protest gegen die "Desinformationspolitik"

Geladen waren mehr als 250 Repräsentanten des Staates und ehrenamtlich engagierte Bürger. Doch nicht alle kamen: Aus Protest gegen die "Desinformationspolitik des deutschen Staatsoberhauptes" hatte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Michael Konken, seine Teilnahme überraschend abgesagt. Nach DJV-Angaben ist es das erste Mal, dass der Verbandsvorsitzende den Neujahrsempfang beim Bundespräsidenten boykottiert.

 Zuvor hatte bereits die Vorsitzende der Antikorruptionsorganisation Transparency International, Edda Müller, ihre Teilnahme an dem Empfang abgesagt. Man habe den Eindruck, dass Wulff auf das Vergessen der Leute spekuliere, sagte sie im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Eine Demutsgeste in der Öffentlichkeit zu signalisieren und dann zur Tagesordnung überzugehen, sei kein Verhalten, das der Würde des Amtes gemäß sei, so Müller. Dies sei für sie und ihre Organisation unerträglich.


Kritik aus der Union nimmt zu

Unterdessen wächst auch in der Union der Unmut darüber, dass Wulff im Rahmen der Kredit- und Medienaffäre nicht wie angekündigt alle Details zugänglich macht. Der Alterspräsident des Bundestages, CDU-Politiker Heinz Riesenhuber, sagte der Zeitung "Die Welt", Wulff habe sich "in Dinge verheddert, die sehr unerfreulich und grenzwertig scheinen". Es sei ganz schwierig, sich jetzt noch vorzustellen, wie Wulff "den Glanz verbreiten will, den ich mir von ihm erhofft hatte".
Der CDU-Fraktionsgeschäftsführer im nordrhein-westfälischen Landtag, Armin Laschet, kritisierte im WDR: "Wer der Öffentlichkeit sagt, wir brauchen Transparenz, muss sie am nächsten Tag auch so herstellen, wie er das versprochen hat."

CDU-Abgeordneter fordert Rücktritt

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann legte Wulff den Rücktritt nahe. "Das Amt ist schon jetzt beschädigt, allein durch die Tatsache der öffentlichen Diskussion", sagte Wellmann dem ZDF. "Mein persönlicher Rat an ihn wäre, dass er sich das nicht länger zumutet, sich, seiner Familie und dem Amt." Ein Staatsoberhaupt solle den Menschen Orientierung geben. "Viele leiden darunter, dass dieses Amt und dieser Bundespräsident so in der Diskussion ist." Eine Ende mit Schrecken sei besser als ein Schrecken ohne Ende.

Kritik aus der Union nimmt zu

Unterdessen wächst auch in der Union der Unmut darüber, dass Wulff im Rahmen der Kredit- und Medienaffäre nicht wie angekündigt alle Details zugänglich macht. Der Alterspräsident des Bundestages, CDU-Politiker Heinz Riesenhuber, sagte der Zeitung "Die Welt", Wulff habe sich "in Dinge verheddert, die sehr unerfreulich und grenzwertig scheinen". Es sei ganz schwierig, sich jetzt noch vorzustellen, wie Wulff "den Glanz verbreiten will, den ich mir von ihm erhofft hatte".
Der CDU-Fraktionsgeschäftsführer im nordrhein-westfälischen Landtag, Armin Laschet, kritisierte im WDR: "Wer der Öffentlichkeit sagt, wir brauchen Transparenz, muss sie am nächsten Tag auch so herstellen, wie er das versprochen hat."

Veröffentlichung der Fragen aus Rechtsgründen verweigert

Wulff steht wegen eines Privatkredits für sein Eigenheim, wegen kostenloser Urlaube und wegen seines Umgangs mit den Medien seit einem Monat in der Kritik. Momentan konzentriert sich die Kritik darauf, dass seine Anwälte die geforderte Veröffentlichung aller Informationen zur Kredit- und Medienaffäre "aus Rechtsgründen" verweigern. Eine Offenlegung der Anfragen von Journalisten würde deren Recht am eigenen Wort und an dem Schutz ihrer Rechercheergebnisse oder -ziele verletzen, argumentieren die Anwälte. Wulff hatte vor einer Woche im Interview von ARD und ZDF angekündigt: "Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger jedes Details zu diesen Abläufen sehen und bewertet sehen, auch rechtlich."

"Bizarres Verhalten"

Der SPD-Rechtsexperte Sebastian Edathy sagte der "Passauer Neuen Presse", er könne die Argumentation der Anwälte nicht nachvollziehen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Journalisten ein Problem mit der Veröffentlichung hätten", sagte Edathy. Das sei "an den Haaren herbeigezogen". Wulffs Verhalten sei bizarr. Der Chefredakteur der "Bild", Kai Diekmann, erklärte bereits sein Einverständnis damit, alle Anfragen seiner Zeitung sowie die Antworten im Internet zu veröffentlichen. Auch die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau" entbanden Wulffs Anwälte von der Schweigepflicht.


Stand: 12.01.2012 14:20 Uhr