Wie modernistisch-ökonomische Diktate das Kindeswohl ausblenden!
Der öffentlichen Auseinandersetzungen um das ab 2013 geplante
Betreuungsgeld liegt eine massive Fehleinschätzung der
Leistungsfähigkeit von Kinderkrippen zu Grunde.
Darauf weist das Familiennetzwerk schon seit Jahren hin und wird
jetzt durch den kürzlich erschienenen 8. Familienbericht der
Bundesregierung bestätigt. Selbst bei guter Qualität der externen
Betreuungseinrichtung verlieren demnach Kinder aus Mittelschichtfamilien
an persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und bei „Risikokindern“ gibt
es nur geringe positive Effekte. Außerdem offenbaren die demokratisch
gewählt Wortführer ein recht diktatorisches
Volksvertreter-Selbstverständnis. Aber ideologisch verbrämte oder sich
am Zeitgeist orientierende Politiker, welche sich nicht am Kindeswohl
orientieren, sondern sich stattdessen wirtschaftlichen Forderungen
unterwerfen bzw. die nächste Wahl im Blick haben, werden auch die Fakten
des aktuellen Familienberichtes gezielt ignorieren. Und da kaum
Argumente gegen eine – selbst vom höchsten Verfassungsorgan geforderte –
Ausgleichförderung für die Eltern, welche ihre Kleinkinder nicht in
eine Krippe abschieben wollen, gefunden werden kann, wird der Ton immer
heftiger. Selbst einige Hochschul-Lehrer entpuppen sich zum
Meinungs-Macher, weitab von wissenschaftlicher Redlichkeit bzw.
forscherischen Selbstverständlichkeiten. So werden Kampfbegriffe wie
„Herdprämie“ zur Verunglimpfung der Eltern eingebracht, die durch Nähe
und gesunde Nahrung einer Familie täglich erneut Zusammenhalt,
Stabilität und Zufriedenheit geben und damit die Eckpfeiler unsere
Gesellschaft erhalten.
Die Krippen-Devise lautet: Säuglinge und Babys, raus aus dem Haus!
Nein, so früh wie möglich sollen die Babys raus aus dem Haus, am
besten direkt nach der Mutterschutzzeit. Würden z.B. skrupellose
Hundezüchter Welpen kurz nach der Geburt vom Muttertier entfernt, um
diese schneller vermarkten zu können, Tierschutzverbände würden kräftig
protestieren und entsprechende Gerichtsverfahren wären
selbstverständlich. Aber wenn ohne Not dazu aufgerufen wird, Säuglinge –
damit wird das erste Lebensjahr umrissen – von der Mutter bzw. den
Eltern zu trennen, weil die Wirtschaft das fordert und den Frauen zum
Abwürgen möglicher Verantwortungsgefühle eingeredet wird, nach der
gesetzlichen Elternzeit gleichzeitig das Verfallsdatum der betrieblichen
Einsatzfähigkeit überschritten zu haben, setzt sich eine ‚ganz große
Koalition’ an die Spitze dieser Bewegung. Sie krönt ihren Aktionismus,
indem sie dieses ‚Raus aus dem Haus und ab in den Betrieb Diktat’ mit
einer kräftigen Prämie von 800,- bis 1.300,- Euro pro Monat per
Krippenplatz fördert und die selbst für Ihre Kinder sorgenden Eltern
dabei leer ausgehen lassen will.
Das Demokratieverständnis wird so auf dem Altar der Indoktrination
dem ‚Gott-Moderne’ geopfert und die vom Bundesverfassungsgericht
geforderte echte Wahlfreiheit mit Füßen getreten So sprechen Kritiker
von „Unfug Gesetz“, deklarieren das Eltern-Erziehungsgeld als
„Fehlsteuerung von Sozialleistungen“, sprechen von einem „politischen
Unfall“ oder argumentieren, „es passe einfach nicht in die Zeit“. Auf
welchem Qualitätsniveau sind wir angekommen, wenn Erziehungs- und
Bildungsprozesse sich am Zeitgeist orientieren sollen. Selbst die häufig
bemühten Flachbildschirme lägen da noch deutlich über Null-Niveau.
Dieser Aktionismus beschleunigt sich selbst: Auf jeden Fall dem
Mainstream folgen, koste es was es wolle. Die Verdeutlichung, dass über
80% der Eltern ihre Kinder gut in der eigene Familie erziehen und ca.
2/3 dies auch weiterhin so wollen – und bei 30% Krippenplätzen auch
sollen – wie auch die Ergebnisse der aktuellen Bindungsforschung werden
gezielt ignoriert. Da wirkt der Appell von CDU Generalsekretär Hermann
Gröhe fast wie die Stimme eines einsamen Rufers: Die Einführung des
Betreuungsgeldes für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen, ist
„eine pure Selbstverständlichkeit“! Grundgesetz und das
Betreuungs-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1999 scheinen
Einzelnen noch bewusst zu sein.
Ganztagsbetreuung als Bildungsoffensive anzupreisen ist Dummheit.
Wer Ganztags-Betreuung vom Grundsatz her favorisiert, blendet in der
Regel Qualitäts-Kriterien aus, denn Stunden können nichts über den
Umgang mit einem Kind aussagen. Was passiert Förderliches in dieser
Zeit? Welche Bindungsintensität wird geschaffen? Wie ausgebildet ist das
Personal und wie oft wechseln – auch pro Tag – die Bezugspersonen? Auf
wie viele Kinder kommt eine Betreuungsperson? Welches Werte- und
Bildungsverständnis liegt vor? In welcher Weise werden die Eltern in den
Lern- und Entwicklungsprozess ihres Kindes konzeptionell einbezogen?
Wie reagiert das Fachpersonal, wenn die Eltern sich ständig ihrer
Haupt-Erziehungs-Verantwortung durch den Satz: ‚Keine Zeit’! zu
entziehen versuchen?
Werden hier nicht akzeptable Rahmenbedingungen geschaffen, entwickelt
sich Krippen zu staatlich subventionierten Park-Häusern für Säuglinge
und Kleinkinder.
Der häufig als Krippen-Befürworter bemühte Professor Dr. Dr. Wassilios E.
Fthenakis (er
war Vorsitzender der Kommission “Pädagogik der Frühen Kindheit” der
Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Mitglied des
wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Kindheits- und
Familienforschung an der Universität Potsdam, Leiter des Staatsinstituts
für Frühpädagogik München und Professor für Entwicklungspsychologie und
Anthropologie an der Freien Universität Bozen/Italien) verdeutlicht:
‚Keine noch so gute Krippe kann eine förderliche elterliche Erziehung ersetzen’!
Unfähige oder Unwillige sind gezielt in die Erziehungspflicht zu nehmen
Ja, es gibt eine zu große Zahl von – häufig als ‚sozial-schwach’ –
bezeichneten Eltern, welche ihrer Erziehungsverantwortung in zu geringen
bzw. nicht-förderlichen Umfang nachkommen. Und etliche zu diesem
Personenkreis zählende werden ein Betreuungsgeld nicht zum Wohle des
Kindes einsetzen. Hier ist eine Veränderung des Verhaltens einzuleiten,
in dem diese ‚Antriebs-Schwachen’ konsequent zu mehr
Verantwortungs-Übernahme geführt werden. Dies ist schon deshalb
notwendig, weil die Krippen-Befürworter sonst aus dem Auge verlieren,
dass solche Kinder vor und nach der öffentlichen Erziehung für viele
Stunden einem nichtförderlichen Familien-System ausgesetzt sind. Eine
‚Sippenhaft’ in Sinne: Wenn Null-Bock-Eltern das Geld zum eigenen Konsum
nutzen, dann sollen alle anderen Väter und Mütter auch leer ausgehen,
ist nicht hinnehmbar.
Ja, es gibt auch eine beträchtliche Zahl von Funktionsträgern in
Politik, Wirtschaft, Medien und Verbänden, welche durch Bestechlichkeit,
Macht-Missbrauch oder anderes Negativ-Verhalten auffallen und sich
nicht zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen. Sollten dann auch hier alle
Ehrlichen, Engagierten oder Bemühten mit den Korrupten oder Gierigen
gleich gestellt werden? Nein, auch hier ist Wertzuschätzendes zu fördern
und Abzulehnendes zu bekämpfen. Für Volksvertreter, welche sich einem
demokratischen Rechtsstaat verpflichtet fühlen, dürfte dies
selbstverständlich sein.
Durch mehr Kinderkrippen die Geburtenrate zu erhöhen ist Irreführung
Von Politikern unterschiedlichster Richtungen wird – quasi als „Global-Chor“ – immer neu verkündet,
die Ganztagbetreuung sei der ‚Königsweg’ zu einem stattlicheren Kindersegen. Diese Stoßrichtung wird durch Frauenverbände und in die Erwerbstätigkeit strömen wollende Frauen meist stark unterstützt.
Wie absurd dieser Irrglaube ist, wird nicht nur durch die Entwicklung
in den neuen deutschen Bundesländern eindeutig belegt. Trotz eines
superbreiten ganztägigen Betreuungs-Angebotes – selbst für Kleinstkinder
– ging die Geburtenrate nach der Wende rapide nach unten. Auch in
Schweden und den übrigen skandinavischen Ländern ist seit Jahren
derselbe Trend auszumachen. Dagegen gibt es in Bayern und
Baden-Württemberg Kommunen, welche eine stark überdurchschnittliche
Geburtenrate und gleichzeitig eine weit unterdurchschnittliche Krippen-
bzw. andere Ganztagsbetreuungs-Angebote haben.
Die ständig deklarierte Wahlfreiheit ist eine arglistige Täuschung
In unserem Land propagieren immer mehr Politiker ein ganz
eigentümliches Verständnis von Wahlfreiheit. Denkende Staatsbürger sehen
das anders und betrachten dieses Vorgehen als Begünstigung bestimmter
Personengruppen und fühlen sich als – per Verfassungsbruch – Betrogene.
Denn es kann doch nicht sein, dass sich die auf das Erwerbsleben
konzentrierenden Eltern mit einem in Höhe von 800,- bis 1.300,- Euro
subventionierten Krippenplatz (je nach Alter des Kindes differierend)
pro Monat beschenkt fühlen dürfen und die für ihre Erziehung selbst
Sorge tragenden Eltern nicht nur finanziell leer ausgehen und ins
Abseits gestellt werden, sondern dieses Geld auch noch durch ihre
Steuern mitfinanzieren. Dass sie gleichzeitig von karriere-orientierten
Zeitgenossinnen einerseits als von vorgestern belächelt und andererseits
nicht selten für Bring- oder Holdienst genutzt werden, ist dann die
Krönung der Unverschämtheit
Wie per Bedarfsweckung keine Bedarfs-Ermittlung möglich ist:
Kaum in einem anderen Bereich unseres Staatswesens wird so
undifferenziert mit Bedarfsäußerungen umgegangen, wie im Bereich der
Kinderbetreuung. Riefe das Volk, die Steuern abzuschaffen oder das
Parken auf Bürgersteigen zu erlauben, es würde ignoriert. Wollen Eltern
aber rund um die Uhr ihr Kind am Kindergarten abgeben, zusätzliche
Krippenplätzen oder Ganztagsschulen, schon wird das Ganze als wichtige
Bedarfsäußerung aufgegriffen. Die Frage, ob die Väter und Mütter sich
hier überhaupt als Erziehungspersonen – in Abgrenzung von
Eigen-Interessen – äußern, bleibt meist unberücksichtigt. Solche
Willensbekundungen dürften wegen Befangenheit und offensichtlicher
Interessen-Kollision gar nicht ungeprüft bearbeitet werden. Außerdem
würde jedes Angebot, welches zu ca. 80% subventioniert wird, einen
riesigen „Bedarf“ auslösen. Die Produzenten von Kuscheltieren für Kinder
beispielsweise würden sich vor „Nachfrage und Begehrlichkeit“ nicht
retten können, wenn 80% der Kosten vorab vom Staat übernommen würden wie
im Fall der Krippenbetreuung. Ein aktuelles Beispiel für künstliche
Bedarfsweckung ist die Abwrack-Prämie. Würden die Krippenplätze zu den
tatsächlichen Kosten angeboten, bei einer gleichzeitig kräftig erhöhten
Finanzausstattung der Eltern, würde sich sehr schnell der tatsächliche
Bedarf ergeben.
Mehr Elternverantwortung anstelle von mehr Staat als Konsequenz:
Daher wird hier die Forderung aufgestellt, das
Familien-/Erziehungsgeld für alle Eltern für die ersten 3 Lebensjahre
kräftig aufzustocken, die Subventionierung von Krippenplätzen
einzustellen, um so wirkliche Wahlfreiheit zu schaffen. Dann tragen die –
auch in den ersten 3 Lebensjahren eines Kindes – auf den Beruf
setzenden Eltern das Geld für Betreuungsleistungen zu Krippen oder
Tagesmüttern und die vielen anderen Eltern vereinnahmen es für die
selbst erbrachte Erziehungsleistung. Dies entspricht übrigens genau dem
Willen von ca. 80% der Eltern, wie verschiedene Untersuchungen
regelmäßig belegen.
Das System Familie würde so eine rasante Stärkung erfahren und einen
kräftigen Schub in Richtung Gerechtigkeit erfahren. Dies entspricht
übrigens exakt dem seit Jahren erhobenen Auftrag des
Bundesverfassungsgerichtes an die Politik. Denn dort wird im
“Kinderbetreuungsurteil”
vom 19.1.1999 ausdrücklich die Schaffung einer echten “Wahlfreiheit
für Eltern bei der Art der Kinderbetreuung in ihren ‚tatsächlichen’
Voraussetzungen” gefordert, damit der vom Grundgesetz garantierte Schutz
von Ehe und Familie nicht durch Parlamente weiter ausgehöhlt wird.
Copyright: Dr. Albert Wunsch 41470 Neuss, Im Hawisch 17
Ein Beitrag von
Dr. Albert Wunsch
Anmerkung der Redaktion: Interessant scheint ein
Vergleich zu den heutigen Zuständen in den USA, den wir in am 13.4.2012
beschrieben haben. Hier sind Kinderverwahrung und Mehrfach-Jobs bereits
an der Tagesordnung.
http://tv-orange.de/2012/03/familienpolitik-in-den-usa/
Zur Person
Albert Wunsch ist Diplom Sozialpädagoge, Kunst- und Werklehrer,
Diplom Pädagoge, Psychologe und promovierter Erziehungswissenschaftler
(Fächerkombination Pädagogik, Psychologie und Kunst) und lehrt seit 2004
Konzepte der Eltern-Qualifizierung, Pädagogik der Kindheit, Methoden
der Gesprächsführung, Konflikt-Management und Supervision an der
Katholischen Hochschule NRW in Köln. Außerdem hat er Lehraufträge an der
Philosophischen Fakultät der Uni-Düsseldorf und an der Hochschule für
Oeconomie & Management in Neuss. Zuvor leitete er über viele
Jahre das Katholische Jugendamt in Neuss.
Er arbeitet in eigener Praxis als Paar-, Erziehungs- und
Konfliktberater sowie als Supervisor und Coach (DGSv). Außerdem ist er
in verschiedenen Feldern der Jugendhilfe und Erwachsenenbildung sowie
kirchlich-sozialen Initiativen ehrenamtlich engagiert.
Er ist Vater von zwei erwachsenen Söhnen (3 Enkeltöchter) sowie Autor
der Erfolgsbücher: Die Verwöhnungsfalle (mittlerweile auch in Korea und
China erschienen), Abschied von der Spaßpädagogik und Boxenstopp für
Paare, sowie zahlreicher Fach-Publikationen (weitere Infos).
Albert Wunsch hat gemeinsam mit seiner Frau Margret die
Malaika-Stiftung für Bildungsprojekte in Nigeria ins Leben gerufen (weitere Infos).
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