Samstag, 14. April 2012

Ein Steuerabkommen ganz ohne diplomatischen Wirbel

Schweiz und Österreich unterzeichnen Vertrag

Ein Steuerabkommen ganz ohne diplomatischen Wirbel

Die Schweiz hat sich im Schatten der festgefahrenen Verhandlungen mit Deutschland auf ein Steuerabkommen mit dem anderen Nachbarland Österreich geeinigt. Im kommenden Jahr werden die seit Jahrzehnten auf Schweizer Konten gehorteten Schwarzgelder aus Österreich einmalig pauschal mit 15 bis 38 Prozent besteuert. Dafür bleibt der Steuersünder anonym.

Österreich hat Einnahmen bereits fest eingeplant

      

Fekter und Widmer-Schlumpf bei der Unterzeichnung des Abkommens

Fekter und Widmer-Schlumpf bei der Unterzeichnung des Steuerabkommens (Foto: dapd) Großansicht des BildesFekter und Widmer-Schlumpf bei der Unterzeichnung des Abkommens "Österreich hat großes Interesse an dem Abkommen", sagte Finanzministerin Maria Fekter nach der gemeinsamen Unterzeichnung mit ihrer Schweizer Kollegin Eveline Widmer-Schlumpf in Bern. Sie rechne damit, "dass in der ersten Jahreshälfte 2013 die ersten Beträge zu fließen beginnen, ohne große Übergangsfristen". Österreich erhofft sich durch die Einigung Einnahmen von rund einer Milliarde Euro. Das Abkommen gilt ab 2013.
Für die österreichische Finanzministerin Fekter kommt der Deal wie gerufen: Sie steht derzeit wegen des umstrittenen rund 27 Milliarden Euro schweren Sparpakets innenpolitisch unter Druck. Die Einnahmen durch dem Steuerpakt mit der Schweiz hat sie bereits fix eingeplant, um 2016 ein ausgeglichenes Budget zu erreichen.


Bankgeheimnis für beide Länder ein "großer Wert"

Schätzungen zufolge liegen zwischen zwölf und zwanzig Milliarden Euro an unversteuerten Geldern aus Österreich auf Schweizer Konten. Mit der Einigung wollten aber weder Österreich noch die Schweiz ihr Bankgeheimnis in Frage stellen, betonten die Ministerinnen. "Beide Länder halten am Bankgeheimnis fest, weil es für beide Länder einen großen Wert darstellt", sagte Fekter.
Österreichs Finanzministerin Fekter (Foto: dapd) Großansicht des Bildes Fekter hat das Geld im Haushalt bereits fix eingeplant Es ist das dritte Steuerabkommen der Schweiz mit einem EU-Land. Eines gibt es mit Großbritannien, ein anderes mit Deutschland. Letzteres wurde vor rund einer Woche unterzeichnet. Es sieht vor, dass unversteuertes Geld deutscher Anleger in der Schweiz mit 21 bis 41 Prozent belastet wird.
Ob das Abkommen in dieser Form aber jemals in Kraft tritt, ist noch offen. Sozialdemokraten und Grüne lehnen den Vertrag weiter ab und drohen mit einem Veto der von ihnen regierten Länder im Bundesrat. Sie kritisieren unter anderem, dass das Abkommen für Steuerbetrüger mit Schwarzgeldkonten in der Schweiz ein billiger Weg zurück in die Legalität sei. Für weitere Zugeständnisse sieht die Schweizer Regierung keinen Spielraum mehr.

Fragen und Antworten

Schwarzgeld in der Schweiz
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Poß wirft Merkel merkwürdiges Gerechtigkeitsverständnis vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte die Blockadeandrohung von SPD und Grünen. "Aus Sicht der Bundeskanzlerin ist es völlig unverständlich, dass einige Bundesländer dem nicht zustimmen wollen", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Die Länder verzichteten damit zulasten ihrer Bürger auf Milliarden-Steuereinnahmen. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf Merkel in fragwürdiges Verständnis von Steuergerechtigkeit vor. "Es kann nicht akzeptiert werden, dass auch die deutsche Regierungschefin sich auf die Seite derer stellt, die Steuerhinterziehung lediglich für eine lässliche Sünde halten", so Poß.
Die Schweiz will noch mit weiteren EU-Ländern solche Abkommen schließen, auch um vom Image einer Steueroase wegzukommen. Italien oder Frankreich würden aber noch abwarten, ob das deutsch-Schweizer Abkommen zustande käme, sagte Widmer-Schlumpf der der "Neuen Zürcher Zeitung".
Stand: 13.04.2012 18:40 Uhr